Dienstag, 13.12.2011




Systemwechsel

Von Shaul Mofaz

Der Staat Israel befindet sich in diesen Tagen auf dem Weg zu Neuwahlen. Der Wahltermin steht noch nicht fest, doch es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass es zu Neuwahlen kommen wird. So kurz vor der Auflösung der 18. Knesset bietet sich uns die Möglichkeit für einen historischen und dringend notwendigen Wechsel. Es wäre ein Wechsel, den diese zersplitterte Knesset der nächsten Knesset vererben könnte – in einem Akt zur Stärkung des Staates Israel.

Die Verantwortung dafür haben vor allem die Fraktionsvorsitzenden der zionistischen Parteien in der israelischen Knesset. Angesichts einer Fülle von Herausforderungen und Bedrohungen gibt es viele Meinungsverschiedenheiten und Ideen, doch die Herausforderungen und die Sorge um das Bestehen des Staates Israel sind uns allen gemeinsam.

Wie verschieden unsere politischen Auffassungen auch sein mögen, wie tief unsere Meinungsverschiedenheiten auch gehen mögen, wenn wir das Wahlsystem nicht ändern, werden wir weiterhin auf der Stelle treten und im politischen Sumpf versinken, anstelle unsere nationalen Ziele voranzutreiben. Es kann so nicht weitergehen. Was wir brauchen, ist eine weitreichende und tiefgreifende Kurskorrektur des Regierungssystems, gerade in diesen Tagen, wo wir so wichtige Entscheidungen treffen müssen. Es ist an der Zeit, die politischen Spielregeln zu ändern. Wir können das Thema nicht weiter aufschieben. Wir müssen sicherstellen, dass die nächste israelische Regierung, wie auch immer sie aussehen mag, regieren und das israelische Volk führen kann, so wie es das Mandat vorsieht, das sie vom Wähler erhalten hat. Dies ist unsere Verantwortung.

Wir müssen der politischen Erpressung durch Gruppen an den Rändern der Gesellschaft ein Ende setzen, die jede Möglichkeit abbremsen zu regieren, zu entscheiden und nationale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen anzugehen, genauso wie schicksalsschwere Fragen, die unsere nationale Sicherheit betreffen. Eine gewählte Regierung kann nicht Geisel der politischen Ränder sein – gelähmt und gefesselt, ständig damit beschäftigt, ihre Koalition durch politische Geschenke am Leben zu halten. So kann man das Land nicht führen. Dies ist ein sicheres Rezept für den Stillstand, der unsere Zukunft vor große Gefahren stellt.

Es ist wahr, der Staat Israel ist eine Gesellschaft mit vielen verschiedenen Gruppen. Und wir müssen darauf achten, dass all diese Gruppen weiterhin im Parlament repräsentiert werden. Das ist Konsens, doch es kann nicht angehen, dass im Namen des Pluralismus den Entscheidern und dem Ministerpräsidenten die Fähigkeit genommen wird zu regieren – das bedeutet, Entscheidungen zu treffen und auch zu handeln.


(Foto: Knesset)

Aus diesem Grund müssen wir sicherstellen, dass am Ende der 18. Knesset das gegenwärtig in Israel herrschende Wahlsystem zugunsten eines richtigeren, nützlicheren Systems verändert wird, das das Regieren ermöglicht, so dass auch langfristige Planungen möglich sind, einschließlich einer finanziellen Planung, sowie Durchführung und Überwachung nationaler Projekte.

Wir müssen sicherstellen, dass die Stellung des Ministerpräsidenten stabil ist, damit er sich mit den für den Staat Israel existentiellen Fragen beschäftigen kann und nicht nur mit den Fragen seiner eigenen politischen Existenz. Wir müssen sicherstellen, dass nur eine Zweidrittelmehrheit eine israelische Regierung zu Fall bringen kann. Wir müssen sicherstellen, dass neben der Bewahrung des Pluralismus und auch des Meinungspluralismus das politische System stabil ist. Wir müssen die Stärkung der großen Parteien auf Kosten der kleinen sicherstellen. Wir müssen sicherstellen, dass die Minister dem Ministerpräsidenten verpflichtet sind und nicht den innerparteilichen Capricen.

Die Mission ist groß und kompliziert, doch die Realität verpflichtet uns, sie durchzuführen. Ich rufe die Vorsitzenden der zionistischen Fraktionen der Knesset dazu auf, sich auf einen Vorschlag zu einigen und noch während dieser Legislaturperiode im Plenum für eine neue Gesetzgebung zu stimmen. Wenn es uns, und sei es nur in einer Vorabstimmung, gelingt, einen Vorschlag für einen Wechsel des Wahlsystems durchzubringen, können wir sicherstellen, dass die Änderung bereits in der nächsten Knesset verabschiedet wird.

Lassen Sie uns tun, was für den Staat Israel das Richtige ist. Wir haben kein anderes Land

(Ynet, 13.12.11)

Der Autor ist ehemaliger Generalstabschef, Knessetabgeordneter (Kadima) und Vorsitzender des Außen- und Verteidigungsausschusses in der Knesset.

Die im Newsletter veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die politische Diskussion in Israel.