Von Ariel Ilan Roth
Immer wenn Israel ein Waffenpaket aus den USA erhält, kommt die Frage auf, ob die Tatsache, dass wir derartige ‚Geschenke’ benötigen, einem hoch entwickelten Staat angemessen ist. In der Tat hat der Gedanke, dass wir unsere Existenz auf der Basis des Edelmuts der USA sichern, einen schlechten Beigeschmack. Die USA subsidieren unsere Sicherheit jedoch nicht aus Herzensgüte heraus und auch nicht wegen des Einflusses der amerikanischen Juden. Sie lassen uns jene Zuwendungen allein daher zukommen, weil es ihrem nationalen Interesse dient.
Vorausgesetzt die Annahme, dass eine der Aufgaben der USA im Nahen Osten darin besteht, den nuklearen Geist so lange wie möglich nicht aus der Flasche zu lassen, ist es nur angemessen, dass sie die Ausrüstung Israels mit konventionellen und anderen fortgeschrittenen Waffen großzügig betreiben. Wären die USA beispielsweise nicht bereit, Israel mit modernen Flugzeugen und Navigationswaffen auszustatten, würde Israel gezwungen sein, sich auf offenere Art und Weise auf seine vermutete nukleare Kompetenz zu stützen.
Der Grund ist einfach: Israel ist nicht in der Lage, in ausreichender Menge Kampfflugzeuge und intelligente Bomben zu entwickeln und herzustellen – daher benötigt es die USA. Diese Abhängigkeit schwächt Israel, dessen größte Abschreckungskraft von Einsätzen seiner Luftwaffe herrührt – vom Sieg im Sechs-Tage-Krieg bis hin zu den gezielten Tötungen in Gaza. Ohne die Zuwendungen der USA müsste Israel sich fragen, wie es bei minimalem Aufwand maximale Sicherheit erlangen könnte. Auf diese Frage gibt es seit Jahren eine verführerische Antwort, die jedoch der Prüfung der Wirklichkeit nicht standhält.
In den 50er Jahren arbeitete US-Präsident Dwight Eisenhower darauf hin, Armee und Sicherheitsausgaben zu verringern und den Übergang zur Drohung der „massiven Reaktion“ zu realisieren. Sein Nachfolger John F. Kennedy erkannte die Schwäche dieser Politik: Atomwaffen sind zwar eine ausgezeichnete Versicherung gegen existentielle Bedrohungen, doch nützen sie nichts gegen weniger ernste Bedrohungen. Niemand, einschließlich der USA selbst, hat geglaubt, dass sie auf jede kleine Provokation mit einem Atomschlag reagieren würden.
Sollte die amerikanische Hilfe für Israel nachlassen, müsste es sich auf die Drohung mit der „massiven Reaktion“ stützen, um die Abschreckung seiner Gegner fortsetzen zu können. Dann würde aber das Dilemma der gemäßigten Verbündeten der USA im Nahen Osten – wie Ägypten, Saudi-Arabien und Jordanien – wachsen. Die Entwicklung von Atomwaffen durch das shiitische Regime im Iran ist dazu angetan, die Forderung nach atomarer Aufrüstung im Kreise der gemäßigten sunnitischen Staaten aufkommen zu lassen. Die Verbreitung von Atomwaffen im Nahen Osten ist ein Albtraum für die gesamte Region und für die USA im Besonderen.
Aufgrund des Besitzes von mannigfaltigen konventionellen Waffen kann Israel seine Politik der Undurchsichtigkeit aufrechterhalten, die es den gemäßigten arabischen Staaten ermöglicht, das Thema zu ignorieren oder wenigstens das Visier weiter auf die wirkliche Bedrohung zu richten – den Iran.
Die Ankündigung der USA, ihre Hilfe auszuweiten – einhergehend mit der Ankündigung eines Waffenverkaufs an Saudi-Arabien -, ist kein Beweis für den Einfluss der pro-israelischen Lobby in Washington. Sie ist ein Beweis dafür, dass es in der amerikanischen Regierung noch jemanden gibt, der versteht, dass man Israel mit konventionellen fortgeschrittenen Waffen versorgen muss, um die Fortsetzung der Undurchsichtigkeit zu sichern.
Ariel Ilan Roth ist Vizedirektor des Programms für Strategische Studien an der John Hopkins University, Maryland.
(Ha’aretz, 07.08.07) |