Montag, 05.01.2009




Stellungnahmen
Livni im Interview mit CNN

Israels Außenministerin Tzipi Livni hat dem US-Nachrichtensender CNN am Sonntag ein Interview gegeben. Darin nahm sie auch zur Frage der Verhältnismäßigkeit der israelischen Militäroperation Stellung.

„Ich möchte sagen, dass ich das Wesen der nötigen Verhältnismäßigkeit nicht verstehen kann. Ich meine, sie haben letzte Woche eine Schule in Be’er Seva in Israel angegriffen. Denken Sie, die verhältnismäßige Reaktion wäre es, dort [im Gaza-Streifen] eine Schule anzugreifen? Dies werden wir nicht tun. Sie nehmen Zivilisten unter Beschuss – wir werden dies nicht tun. Die einzige Maßnahme, die wir ergreifen, ist also, sie verstehen zu lassen, dass dies aufhören muss. Das ist der Ausdruck des Rechts eines Staates auf Selbstverteidigung. Wir haben eine Waffenruhe versucht. Wir haben entschieden, überhaupt nichts und niemanden ins Visier zu nehmen; wir haben entschieden, überhaupt nicht zurückzuschlagen. Es hat nicht geholfen. […] Ich meine, dass die Frage der Verhältnismäßigkeit gegen Israel missbraucht wird.“

„Es gibt eine Sache, die mich frustriert – etwas zu sagen wie ‚Israel und die Hamas müssen aufhören; es muss einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas geben’. Es ist nicht dasselbe. Ich bin nicht bereit, Israel und die Hamas in eine Schublade zu stecken oder auch nur dieselbe Formulierung zu verwenden, denn, wie Sie zuvor sagten, wir bringen unser Recht auf Selbstverteidigung zum Ausdruck. Israel ist ein Mitgliedsstaat der internationalen Gemeinschaft, während die Hamas eine Terrororganisation ist. Israel handelt gegen die Hamas, weil sie Israel angreift, und sie wissen, was zu tun ist, um dies zu stoppen.“

(Außenministerium des Staates Israel, 04.01.09)


Israels Vorgehen ist absolut verhältnismäßig

Von Alan M. Dershowitz

Israels Vorgehen im Gaza-Streifen ist durch das Völkerrecht gerechtfertigt, und das Land sollte für seine Selbstverteidigung gegen den Terror gelobt werden. Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen behält jeder Nation das Selbstverteidigungsrecht gegen bewaffnete Angriffe vor. Die einzige Einschränkung, die das Völkerrecht dabei einer Demokratie auferlegt, ist, dass ihre Aktionen dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprechen müssen.

Seit Israel die Besatzung des Gaza-Streifens aufgegeben hat, hat die Hamas tausende Raketen auf Südisrael abgefeuert – mit dem Ziel, dort Zivilisten zu töten. Die Einwohner von Sderot, die lange Zeit die Hauptlast der Angriffe zu tragen hatten, haben etwa 15 Sekunden Zeit, um nach dem Abschuss einer Rakete in einen Schutzraum zu rennen. Obwohl das absichtliche Zielen auf Zivilisten ein Kriegsverbrechen ist, sind die Terroristen, die auf Sderot feuern, so stolz auf ihre Taten, dass sie ihre Geschosse signieren.

In diesem Sommer besuchte Barack Obama Sderot und sah dort die Überreste dieser Raketen. Als Reaktion sagte er, dass er, wenn seine beiden Töchter daheim solchen Angriffen ausgesetzt wären, alles in seiner Macht stehende unternehmen würde, um solche Angriffe zu verhindern. Er versteht, wie Terroristen die Moralvorstellungen von Demokratien ausnutzen.

Laut dem ehemaligen Chef der israelischen Luftwaffe fand der israelische Geheimdienst kürzlich heraus, dass das Haus einer Familie im Gaza-Streifen als Raketenwerkstatt benutzt wurde. Das israelische Militär gab den Bewohnern 30 Minuten Zeit, um das Gebäude zu verlassen. Statt dies zu tun, rief der Hausbesitzer die Hamas an, die Mütter mit ihren Babys in das Haus schickte.

Die Hamas wusste, dass Israel niemals ein Haus mit Zivilisten beschießen würde. Sie wusste auch, dass die Hamas einen PR-Sieg davontragen würde, falls die israelischen Behörden nicht herausfinden sollten, dass sich Zivilisten im Haus befinden, und es unter Beschuss nehmen ließen: Dann hätte die Hamas die toten Zivilisten präsentieren können. Israel schoss nicht. Die Raketen der Hamas, die von menschlichen Schutzschilden beschützt worden waren, wurden anschließend gegen israelische Zivilisten eingesetzt.

Diese verachtenswerte Vorgehensweise, israelische Zivilisten anzugreifen, während man sich gleichzeitig hinter palästinensischen Zivilisten versteckt, kann nur gegen moralische Demokratien funktionieren, die bemüht sind, zivile Opfer zu vermeiden. Sie funktioniert niemals gegen amoralische Nationen wie Russland, deren Militär kaum Hemmungen hat, Zivilisten zu töten, hinter denen sich Terroristen verbergen.

Die Behauptung, Israel habe das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verletzt, indem es mehr Hamas-Terroristen getötet hat als israelische Zivilisten durch Hamas-Raketen getötet worden sind, ist absurd. Erstens gibt es keine rechtliche Gleichwertigkeit zwischen der gezielten Tötung von unschuldigen Zivilisten und der gezielten Tötung von Hamas-Kämpfern. Laut Kriegsrecht kann jede beliebige Zahl von Kämpfern getötet werden, um die Tötung auch nur eines einzigen Zivilisten zu verhindern.

Zweitens wird Verhältnismäßigkeit nicht an der Zahl der tatsächlich getöteten Zivilisten gemessen, sondern an der Größe der Gefahr, die von einer Aktion ausgeht. Dies zeigt etwa das Beispiel des Beschusses vom vergangenen Dienstag, als eine Hamas-Rakete einen Kindergarten in Be’er Sheva traf – zu einer Zeit, als sich dort keine Kinder befanden. Laut Völkerrecht muss Israel nicht zulassen, dass die Hamas Russisches Roulette mit dem Leben israelischer Kinder spielt.

Während Israel Warnsysteme installiert und Schutzräume baut, weigert sich die Hamas, ähnliches zu tun, gerade weil sie die Zahl der palästinensischen Zivilisten, die unbeabsichtigtbei israelischen Militäraktionen getroffen werden, in die Höhe treiben will. Die Hamas weiß aus Erfahrung, dass bereits die unabsichtliche Tötung einer geringen Zahl palästinensischer Zivilisten durch Israel zu einer harten Verurteilung des Landes durch viele Mitglieder der internationalen Gemeinschaft führen kann.

Auch Israel versteht dies. Es unternimmt große Anstrengungen, die Zahl ziviler Toter zu verringern und verzichtet dabei mitunter darauf, legitime Ziele anzugreifen, wenn sie sich zu nah an Zivilisten befinden.

Solange die Welt nicht erkennt, dass die Hamas drei Kriegsverbrechen verübt – das Angreifen israelischer Zivilisten, den Missbrauch palästinensischer Zivilisten als menschliche Schutzschilde und den Versuch, einen Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen zu zerstören –, und dass Israel aus militärischer Notwendigkeit in Selbstverteidigung handelt, so lange wird der Konflikt andauern.
 
Alan M. Dershowitz ist Juraprofessor an der Universität Harvard.

(The Wall Street Journal, 02.01.09)

Die im Newsletter veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder.

 

Reaktionen aus Deutschland

In Deutschland haben sich die Jüdische Gemeinde Pinneberg und die Israelitische Kultusgemeinde Berlin Adass Jisroel mit Presseerklärungen deutlich hinter die israelische Reaktion auf die jahrelangen Raketenangriffe der Hamas gestellt. Sie weisen in ihren Erklärungen eindringlich darauf hin, dass die Verantwortung für die Reaktion Israels bei der Hamas liegt, die ihre eigene Bevölkerung missbraucht, Israel seit Jahren mit Raketen beschießt und als erklärtes Ziel die Vernichtung Israels anstrebt.

Auch die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg äußerte sich in aller Schärfe gegen die hetzerischen Aussagen auf den antiisraelischen Hass-Demonstrationen,  wie sie dieser Tage in ganz Deutschland stattfinden. Die Arbeitsgemeinschaft Stuttgart der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) hat ebenfalls mit einer Presseerklärung auf die aktuelle Situation sowie die antiisraelischen Demonstrationen reagiert.

Die DIG Bremen lädt zu einer Diskussionsrunde zum Thema „Israel, Gaza und die Lage im Nahen Osten - Wie stehen wir dazu? Was können wir tun?“ ein (6. Januar, 18.00 Uhr, EuropaPunktBremen, Haus der Bürgerschaft).

Derzeit laufende Online-Petitionen von German Media Watch:
Solidarität mit Israel: http://www.nicht-mit-uns.com/Solidaritaet.htm
Solidarität mit Sderot: http://www.petitiononline.com/Sde2007/petition.html
Aufruf an die Mitgliedsstaaten der EU und des Weltsicherheitsrates: http://www.petitiononline.com/EU2007/petition.html