Freitag, 17.08.2007




DIG-Präsident Gerster zum Tode von Alice Schwarz-Gardos

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Dr. hc. Johannes Gerster, hat einen Nachruf für die verstorbene israelische Journalistin Alice Schwarz-Gardos verfasst, der im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben wird:

„Kurz vor Vollendung ihres 91. Lebensjahres verstarb in Tel Aviv die Chefredakteurin der „Israel Nachrichten“, Frau Alice Schwarz-Gardos.
Die „Israel Nachrichten“ sind die einzige deutschsprachige Tageszeitung in Israel, die nicht nur bei den deutschsprachigen Israelis, den „Jeckes“, sondern auch bei zahlreichen Israel-Freunden in Deutschland sehr beliebt ist. Die Verstorbene war seit 1975 bis zu ihrem Tode, mithin 32 Jahre, Chefredakteurin, prägte diese Zeitung und arbeitete rastlos und mit unglaublicher Energie für diesen deutschen Kulturträger in Israel.

Frau Schwarz-Gardos wurde 1916 in Wien geboren, siedelte Ende der zwanziger Jahre mit ihrer Familie nach Pressburg (Bratislava) um, von wo sie mit ihren Eltern 1939 nach Palästina auswanderte. Es war eine Flucht vor den Nationalsozialisten, die gerade das „Protektorat Böhmen und Mähren“ besetzt hatten. Die völlig mittellose Flüchtlingsfamilie musste sich in Haifa ohne jede Hilfe durchschlagen, zunächst mit einem kleinen Café mit gerade einmal 4 Tischen. Ab 1942 arbeitete die damals 26-jährige bei der Britischen Marine. 1947 erschien ihr erster Novellenband mit einem Vorwort von Arnold Zweig, dem ein Dutzend Bücher, eine Autobiographie und Romane folgen sollten. Seit 1949 arbeitete sie als Journalistin für mehrere Zeitungen in einem Beruf, den sie bis zu ihrem Tode 58 Jahre äußerst erfolgreich ausübte. In Deutschland, Österreich und Israel wurde sie mit höchsten Orden und Auszeichnungen wiederholt öffentlich geehrt.

Frau Schwarz-Gardos hat über 5000 Artikel in fast allen Sparten des Journalismus geschrieben. Die ständige Sorge um Israel trieb sie an. Dabei analysierte sie nicht nur die Bedrohungen von außen, sie kritisierte auch Fehlentwicklungen der Demokratie im Innern. Sie schrieb mahnend und aufmunternd, ernst und heiter; Humor und Menschlichkeit bestimmten ihr Tun.

Israel hat eine seiner besten Journalistinnen und die älteste Chefredakteurin der Welt verloren. Aber auch Deutschland und Österreich werden eine Brückenbauerin vermissen, denn die Aussöhnung der Generationen nach der Shoah war ihr ein Herzensanliegen. Heinrich Heine war ihr Ur-Ur-Ur-Großcousin. Wie er musste sie schreiben, schreiben, schreiben. Ob sie die Welt besser gemacht hat, ich meine schon, in jedem Fall aber menschlicher. Eine großartige Frau, die eine Lücke hinterlassen wird, in Israel, aber auch bei ihren vielen Freunden und Bewunderern in Deutschland und Österreich. Nicht nur in ihrem Buch „Zeitzeugnisse aus Israel“, das zu ihrem 90. Geburtstag im Hartung-Gorre-Verlag in Konstanz erschien, werden ihre Gedanken weiterleben.“

(17.08.07)