Von Yehuda Ben Meir
Ich habe nicht für Avigdor Lieberman gestimmt und werde es auch nie tun. Mit einigen seiner politischen Positionen bin ich nicht einverstanden, und seine Ausdrucksweise in Bezug auf bestimmte Themen akzeptiere ich nicht. Allerdings bin ich gegen die Delegitimierung, die linke Kreise gegen Lieberman und alle, die mit ihm verbunden sind, betreiben.
Ich finde nicht, dass man von den arabischen Bürgern Israels eine Loyalitätserklärung gegenüber dem Staat verlangen sollte. Was man von ihnen verlangen soll, ist das, was von jedem jüdischen, drusischen oder anderen Bürger verlangt wird, nämlich uneingeschränkte Loyalität gegenüber dem Staat Israel und seinen Gesetzen. Obwohl es erlaubt und vielleicht sogar erforderlich ist, mit Liebermans Einstellung nicht überein zu stimmen und sich von seinen Äußerungen bei dieser sensiblen Angelegenheit zu distanzieren, machen sie ihn doch noch nicht zum Rassisten. Liebermann ist kein Faschist und kein Rassist, und wer ihn so darstellt, tut ihm und seinen Wählern Unrecht und fügt dem Staat Israel großen Schaden zu.
Dem jüdischen Volk das Recht auf einen eigenen Staat zu verweigern, ist Rassismus. Gewisse Knesset-Abgeordnete arabischer Parteien sprechen ununterbrochen von den Rechten des palästinensischen Volkes, u. a. auf einen eigenen Staat. Im gleichen Atemzug weigern sie sich, Israel als Staat des jüdischen Volkes anzuerkennen und verneinen die Existenz eines jüdischen Volkes mit nationalen Rechten. Das ist Rassismus in Reinform. Wer die Bezeichnung Rassist verdient, ist Jamal Zahalka, der zu der Hass-Konferenz nach Genf gereist ist und sich selbst als „Opfer der rassistischen Apartheid Israels“ bezeichnet, während er in Israel als Knesset-Abgeordneter fungiert.
Die Neigung von Leuten der Linken, Personen zu delegitmieren und zu dämonisieren, deren Standpunkte ihnen sehr fern liegen, ist nicht weniger schlimm und nicht weniger verwerflich als die Delegitimierungskampagnen von Seiten der Rechten. Ebenso wie man den Versuch von Leuten der Rechten, dem Patriotismus von Yossi Beilin und seinen Gesinnungsgenossen der Genfer Initiative einen Makel anzuhängen, verurteilen muss – auch wenn dieser Plan für die Mehrheit der israelischen Öffentlichkeit ein rotes Tuch darstellt -, so muss man sich auch von dem wertlosen Brauch von Leuten der Linken distanzieren, Lieberman als Person zu verunglimpfen und ihn mit Schimpfworten zu überziehen.
Der Vorschlag, die Grenzen von Staaten im Rahmen eines Friedensabkommens zu ändern, ohne Menschen aus ihren Häusern zu vertreiben, ist womöglich nicht realistisch und unter unseren Bedingungen nicht durchführbar, aber seine Legitimität kann man ihm ebenso wenig absprechen wie seine Logik – jedenfalls hat er nichts mit Rassismus zu tun.
Lieberman hat öffentlich bekannt gegeben, dass er grundsätzlich die Gründung eines palästinensischen Staates unterstützt. Und mehr als das: In seiner ersten Rede als Außenminister hat er betont, dass Israel der Road Map verpflichtet sei. Das ist eine weit reichende Erklärung. Die Road Map ist ein Entwurf für die Lösung des Konflikts durch die Gründung von zwei Staaten, die Seite an Seite in Frieden leben. Ihre dritte Stufe stellt die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates dar. Die Medien haben Lieberman wegen seiner Äußerungen in Bezug auf Annapolis angegriffen, aber seine Erklärung in Bezug auf Israels Verpflichtung gegenüber der Road Map ist unvergleichlich wichtiger. Es ist eine Tatsache, dass der Annapolis-Prozess nicht in ein Abkommen gemündet und die Road Map ein Dokument ist, das sich der breitesten internationalen Legitimation erfreut. Nebenbei ist es interessant, darauf hinzuweisen, dass Binyamin Netanyahu bislang noch keine ähnlichen Worte in Bezug auf eine Verpflichtung Israels gegenüber der Road Map hat verlauten lassen.
Es ist Zeit, dass sowohl die Linke wie die Rechte lernen, sachlich über Dinge zu reden und nicht über Individuen und ein für allemal damit mit der Delegitimierung und Dämonisierung aufhören.
(Haaretz, 26.04.09)
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