Mittwoch, 10.06.2009




Yaalon zu den strategischen Herausforderungen im Nahen Osten
Israels Minister für strategische Angelegenheiten, Moshe Yaalon, hat am Dienstag die zweite Ze’ev Schiff Memorial Lecture am Washington Institute for Near East Policy gehalten. Darin befasste er sich auch mit der oftmals kontraproduktiven Rolle der internationalen Medien.



Die drei Kernthemen, die von Yaalon behandelt wurden, waren die iranische Bedrohung, der grundsätzliche Konflikt zwischen Gemäßigten und Radikalen im Nahen Osten sowie der israelisch-palästinensische Konflikt.

Zum Thema Iran führte der Minister in diesem Zusammenhang u. a. das Folgende aus:

„Es gibt zwei Probleme bei der Art und Weise, in der die Medien die iranische Frage behandeln.

Das erste ist die Behauptung, das iranische Problem sei vor allem anderen ein Konflikt zwischen dem Iran und Israel. […]

Die zweite besorgniserregende Weise, in der die Medien das Thema Iran formulieren, ist die immer wiederkehrende Suggestion in den Medien, dass eine Kombination von ernsthaftem Dialog und nicht-militärischen Sanktionen die Iraner dazu überreden wird, ihre Politik zu ändern und das militärische Atomprogramm aufzugeben. Anders als das vorige Beispiel, dass etwas Bezug zur Realität hat, beruht diese fälschliche Annahme primär auf einem Wunschdenken.

Sollten, wofür viel spricht, der Dialog und die nicht-militärischen Sanktionen nicht funktionieren, dann würde in der Tat möglicherweise die Notwendigkeit bestehen, auf die militärische Option zurückzugreifen, um das iranische Projekt zu stoppen. Diejenigen in den Medien, die das Thema so darstellen, als würde es nach Verhandlungen und Diplomatie verlangen, erweisen der Welt einen schlechten Dienst, da sie es nicht schaffen, ihrem Publikum keine Indizien dafür zu liefern, dass solch eine Strategie in Wirklichkeit funktionieren wird.

Die Medien nähern sich diesem Thema in der Annahme, dass der Iran ein rationaler Akteur ist, ganz so wie die westlichen Staaten, und dass seine vorrangige Sorge Amerikas Verhalten ihm gegenüber ist.

Obgleich ich glaube, dass dies unwahrscheinlich ist, wollen wir einmal davon ausgehen, dass es stimmt. Aber sollten dann die Medien nicht dennoch ihr Publikum von einer alternativen Sichtweise in Kenntnis setzen?

Die alternative Sichtweise geht davon aus, dass die Iraner eine völlig andere Agenda und ein völlig anderes Set von Motivationen haben. Diese Tatsachen klingen nicht nur merkwürdig, sondern auch sehr unangenehm für westliche Ohren, aber es gibt dafür eine substantielle Basis. Die Medien müssen lediglich Notiz von ihnen nehmen und der Öffentlichkeit von ihnen berichten.

Zum Beispiel betrachten zahlreiche iranische Schlüsselfiguren, insbesondere die Mullahs, die Zerstörung Israel als nur einen Schritt auf dem Weg zur Veränderung der gesamten Weltordnung. Die Iraner wollen diesen Wandel herbeiführen, und sie haben viele Verbündete, die die Sehnsucht teilen, die amerikanisch geführte globale Liberalisierung zu Fall zu bringen, wenngleich sie die schiitischen Ziele des Iran womöglich nicht teilen. Syrien und Chavez sind selbstverständlich aktive Schlüsselpartner dabei. Das Ziel dieser Allianz ist nicht lediglich die Unterwerfung Israels, sondern auch die der ganzen Welt.

Um die Irrigkeit dieser Annahme einer iranischen ‚Rationalität’ abschätzen zu können, muss man verstehen, dass die iranische Führung, genauso wie die anderen Radikalen, nicht daran interessiert ist, zur Stabilität beizutragen. Im Gegenteil, sie sind interessiert an Turbulenz und Instabilität – so lange dies nicht ihr Überleben und ihren Machterhalt gefährdet -, denn Stabilität würde eben die Weltordnung stützen, die sie ersetzen wollen. Darüber hinaus verstehen die Iraner die Zurückhaltung des Westens als Willenlosigkeit und Beweis dafür, dass der Iran sich in die richtige Richtung bewegt.“

„Der Iran ist der Hauptgrund für Instabilität in der Region. Die Kombination der Stärkung der Radikalen und des Fortschritts beim iranischen Atomprojekt, die beide durch die selektive Medienberichterstattung ermutigt werden, stellen die Hauptbedrohung für die israelische und amerikanische Sicherheit und andere Interessen dar. Solange die Radikalen fühlen, dass sie dem Sieg entgegen schreiten, können wir es uns nicht leisten, Zeichen der Schwäche zu zeigen. Sie werden unseren Job nur härter machen.“

„Praktisch glauben wir, dass die radikale Bedrohung der Weltordnung die gefährlichste Herausforderung unserer Zeit ist. Nordkorea ist eine große Herausforderung, aber die Auswirkungen eines atomaren Iran sind sehr viel ernster. Wir sehen in der Verhinderung dieser gefährlichen Entwicklung eine Notwendigkeit. Wenn das durch Verhandlungen und Dialog erreicht werden kann, ist es wunderbar, aber da wir dies sehr bezweifeln, glauben wir, dass sich die freie Welt unter der Führung der Vereinigten Staaten auf alle Optionen vorbereiten muss, um diesem Problem zu begegnen, und klar machen muss, dass sie bereit ist, sie einzusetzen, wenn es nötig scheint. Eine glaubwürdige Bedrohung ist wahrscheinlich die einzige effektive Art und Weise, um die Iraner dazu zu bringen, die Richtung ihres Unternehmens sorgfältig zu überdenken und vielleicht einen anderen Kurs einzuschlagen.“

Die vollständige Rede gibt es unter dem folgenden Link: http://www.washingtoninstitute.org/html/pdf/Yaalon20090609.pdf

(The Washington Institute for Near East Policy, 09.06.09)