Israels scheidender Gesandter und stellvertretender Botschafter in Berlin, Ilan Mor, hat sich im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse zu den aktuellen Geschehnissen im Iran geäußert. Dabei gibt sich der Diplomat im Hinblick auf das bedrohliche Atomprogramm der Islamischen Republik keinen Illusionen hin.
„Die Auseinandersetzung über das Ergebnis der Präsidentschaftswahl ist zunächst einmal eine interne Angelegenheit des Iran. Aber wir beobachten die Situation natürlich mit höchster Aufmerksamkeit. Auf die Frage, die Israel am meisten interessiert, nämlich das iranische Atomprogramm, hat dieser Konflikt allerdings keinerlei Auswirkungen. Wir gehen davon aus, dass, egal, wer an die Macht kommt, sich an der Atompolitik des Iran nichts ändern wird. Schließlich war der Oppositionskandidat Mussawi Mitinitiator des Atomprogramms. Dass er Ahmadinedschad von der Macht verdrängt, glaube ich übrigens nicht. Nach vielen Jahren der Unterdrückung hat uns aber schon positiv überrascht, wie stark die Protestbewegung ist. Damit haben wir nicht gerechnet.” In Bezug auf die Aussichten einer schnellen Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts vertritt Mor einen nüchternen Realismus. Statt über historische Gerechtigkeit müsse über historische Versöhnung gesprochen werden.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass es nur Fortschritte geben kann, wenn Israelis und Palästinenser sich verständigen. Solange dies nicht geschieht, kann von außen niemand etwas bewirken. Auch Druck wird gar nichts bringen. Nachdem die Bush-Administration im Nahost-Konflikt jahrelang sehr wenig unternommen hat, engagiert sich Obama nun verstärkt und will innerhalb der nächsten zwei Jahre zu einem Ergebnis kommen. Ich bezweifle aber, dass es eine schnelle Lösung geben wird. Die Situation ist zu kompliziert, als dass man sich auf feste Zeitrahmen festlegen könnte. Es müssen viele psychologische Barrieren überwunden werden auf beiden Seiten. Es gibt viel Hass und Misstrauen und auch unterschiedliche Weltanschauungen. Wenn die Palästinenser etwa immer wieder über historische Gerechtigkeit sprechen, nämlich darüber, wer mehr gelitten hat, sagen wir in Israel: Lasst uns stattdessen über die historische Versöhnung sprechen.”
Das vollständige Interview gibt es unter dem folgenden Link: http://www.pnp.de/nachrichten/artikel.php?cid=29-24388604&Ressort=pol&BNR=0
(Passauer Neue Presse, 17.06.09) |