Mittwoch, 05.08.2009




Lieberman resümiert Lateinamerikareise
Israels Außenminister Avigdor Lieberman hat im israelischen Fernsehsender Channel 9 eine Bilanz seines soeben beendeten Besuchs in mehreren südamerikanischen Staaten gezogen. Eingangs kritisierte er die Tatsache, dass vor ihm 23 Jahre lang kein israelischer Außenminister dorthin gereist war.



„Sie haben uns stets eingeladen. Diese Missachtung eines gesamten Kontinents ist schlechthin erschreckend. Denken wir nur an ein Land wie Brasilien. Es hat eine Bevölkerung von annähernd 200 Millionen auf einer Fläche, die doppelt so groß ist wie die Europas. Brasiliens Wirtschaft entwickelt sich in rasantem Tempo. Sein Präsident ist einer der am meisten respektierten politischen Führer auf der Welt. Solch eine Missachtung ist fragwürdig, gelinde gesagt. Im Laufe unseres Gesprächs sagte mir Präsident Lula zweimal ‚Was erwarten Sie? Sie haben seit 23 Jahren nicht mit uns gesprochen“. Danach erwähnte dies der brasilianische Außenminister dreimal: „Was erwarten Sie? Wie können Sie von gegenseitigem Verständnis sprechen? Sie sind 23 Jahre nicht hier gewesen.“

„Zweifellos fühlen sie sich missachtet. Es gibt eine große jüdische Gemeinde in Brasilien. Allein in Sao Paulo gibt es 60 000 Juden. Sie haben solide Stellungen im politischen Establishment und in der Wirtschaft. Sao Paulo ist die ökonomische Hauptstadt Südamerikas, vergleichbar mit New York. Es hat eine Bevölkerung von 16 Millionen. Daher denke ich, dass es ein großer Fehler war. Und wir haben noch nicht einmal andere Länder wie Kolumbien und Peru erwähnt, wo Israel in höchsten Ehren gehalten wird. 1947 stimmten die meisten lateinamerikanischen Staaten in der UNO für die Gründung Israel, und seit 1948 haben sie diplomatische Beziehungen mit Israel unterhalten.“

„[Auf dem südamerikanischen Kontinent] haben sich zwei Achsen herausgebildet. Auf der einen Seite die linksgerichtete pro-iranische Achse bestehend aus Venezuela, Bolivien, Nicaragua und bis zu einem gewissen Grad Ecuador. Auf der anderen Seite Panama, Chile, Peru und vor allem anderen Kolumbien, das der wichtigste Außenposten gegen den iranischen Einfluss ist. Gegenwärtig operierten Hisbollah-Aktivisten offen in Südamerika, und es gibt eine starke iranische Präsenz. Ich kann unseren Mangel an Kontakt mit diesen beiden Staaten, Kolumbien und Peru, in Anbetracht ihrer Involvierung in den Konflikt nicht verstehen. In Israel betrachten manche Leute Kolumbien als etwas, was so ähnlich ist wie Gaza und mit Drogenabhängigen zu tun hat. In Wahrheit ist das ein riesiges Land mit 48 Millionen Einwohnern, der Fläche nach 47mal so groß wie Israel. Es ist ein Land mit einer sich rasant entwickelnden Wirtschaft. Bogota ist eine angenehme moderne Stadt. Die Haltung gegenüber Israel ist sehr freundlich; es ist schwer, irgendwo auf größere Wertschätzung zu stoßen. Die Regierung ist sehr interessant und besteht aus jungen Leuten in ihren 40ern, alle mit Doktorabschluss von Oxford, Cambridge und Harvard. Sie besitzen ein exzellentes Verständnis der Welt, und es ist faszinierend, sich mit ihnen zu unterhalten.“


Lieberman (rechts) mit Perus Präsident Alan Garcia

(Foto: Reuters)


Auf die Frage, was Israel Südamerika anbieten könne, entgegnete Lieberman:

„Sie brauchen unsere Technologien in Bereichen wie Landwirtschaft, Satellitenkommunikation und Medizin. Offensichtlich brauchen sie unsere Zusammenarbeit im Krieg gegen den Terror, unsere Waffen und Methodologien. Für sie ist der Krieg gegen den Terror keine Show, die man sich im Fernsehen anguckt. Zusammenstöße mit den FARC, die von Venezuela und dem Iran unterstützt werden, gibt es fast täglich. Es gibt dort recht aktive muslimische Terrorzellen. Für sie wie für uns ist es ein tagtäglicher Kampf. Insofern haben wir ihnen eine Menge zu bieten.“

Das vollständige Interview gibt es unter dem folgenden Link: http://www.mfa.gov.il/MFA/About+the+Ministry/Foreign_Minister/Speeches/Interview-with-FM-Liberman-on-Israel-Channel-9-4-Aug-2009.htm

(Außenministerium des Staates Israel, 04.08.09)