Von Zvi Gabay
Am 1. Juni haben
irakische Juden des 70. Jahrestags der Farhud gedacht - der
anti-jüdischen Pogrome, die während der Shavuot-Feiertage 1941 verübt wurden.
Bei den Pogromen, die an die Novemberpogrome in Deutschland erinnerten, wurden
mindestens 137 Juden – Männer, Frauen und Kinder – ermordet, Hunderte wurden
verletzt, und ein Großteil des jüdischen Besitzes wurde geplündert.
Den Angriffen ging
keinerlei Provokation voraus. Die Juden, die seit tausenden Jahren in den
arabischen Ländern lebten, hatten zuvor keine Kriegserklärung an ihre
Gastländer ausgesprochen. Sie haben keine Kämpfe gegen sie geführt, wie es die
Araber im Mandatsgebiet Palästina gegen jüdische Siedler und später gegen den
entstehenden jüdischen Staat taten.
Die Welt hat viel
über die Ungerechtigkeiten, die den Palästinensern unter dem Namen „Nakba“
widerfahren sind, erfahren, doch sie weiß fast nichts über die Verbrechen, die
an den Juden in arabischen Ländern verübt wurden. Was in den arabischen Ländern
geschehen ist, war de facto eine ethnische Säuberung.
Während die
palästinensische „Nakba“ jedes Jahr mit Demonstrationen und breitangelegter
Berichterstattung begangen wird, erhält die „jüdische Nakba“ nur wenig
Aufmerksamkeit. Und das trotz der Tatsache, dass die menschliche und physische
Dimension des Desasters um einiges größer ist. Die Zahl der Juden, die aus
ihren Häusern vertrieben wurden, mit nichts außer den Sachen an ihrem Körper,
betrug etwa 856.000, während 650.000 Araber das Mandatsgebiet Palästina
verlassen haben. In der UN Resolution 302 von 1949 wurde das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) gegründet; eine Einrichtung zur
Fürsorge und Bildung, nicht zur Rehabilitierung. Durch diese Richtlinie hat
sich die Zahl der palästinensischen Flüchtlinge nicht verringert, sondern hat
mittlerweile 4.8 Millionen erreicht (einschließlich der zwei Millionen, die
jordanische Staatsbürger geworden sind).
Aus nicht klaren
Gründen hat Israel die Tragödie der Juden aus den arabischen Ländern lange Zeit
nicht auf ihre politische und öffentliche Agenda gesetzt. Am 22. Februar 2010
wurde das Thema unter dem Titel „Das Gesetz zum Erhalt des Rechts auf
Wiedergutmachung für jüdische Flüchtlinge aus arabischen Ländern und Iran“ thematisiert.
Das neue Gesetz besagt, dass jede Friedensverhandlung auch Wiedergutmachung für
die jüdischen Flüchtlinge beinhalten muss.
Die Attacken auf
die Juden in den arabischen Ländern fanden vor der Gründung des Staates Israel
statt. Im Irak begannen sie mit Diskriminierung in der Wirtschaft, Bildung und
im öffentlichen Leben.
Später entzündete
der arabische Nationalismus die Feuer der Aufstände gegen die Juden, die in der
„Farhud“ 1941 ihren Höhenpunkt fanden. Ähnliche Gräuel wurden an den Juden in
Libyen und Aden verübt. Bei einer Pogromwelle in Libyen im November 1945 wurden
133 Juden ermordet und 400 verwundet; Synagogen, Geschäfte und Wohnhäuser
wurden geplündert und zerstört. In Aden, das zu der Zeit unter britischer
Kontrolle war, wurden im November 1947 100 Juden umgebracht und viele weitere
verletzt; hunderte Häuser wurden zerstört. Ähnliche Pogrome fanden in Ägypten,
Syrien und den restlichen arabischen Ländern im Prozess ihrer
Unabhängigkeitswerdung statt.
Die Verbindung
aus feindlichem sunnitischem Nationalismus – der gegen alle anderen intolerant
ist, einschließlich Schiiten, Christen und Kurden – und Antisemitismus
resultierte in einem heftigen Hass auf die Juden. Dieser Hass wurde zudem von
dem deutschen Botschafter in Bagdad, Dr. Fritz Grobba, und pseudo-religiösen
Führern wie Haj Amin al-Husseini (der aus dem Mandatsgebiet Palästina geflohen
war und im Irak einen komfortablen Ort für die Fortführung seiner
anti-jüdischen Aktivitäten fand) weiter angestiftet. Den Juden wurde keine
andere Wahl gelassen, als aus den arabischen Ländern zu fliehen, die sie selbst
mit gegründet haben, und deren Weg in die Moderne sie mit ihren Beiträgen zu
Politk, Wirtschaft, Medizin, Bildung, Literatur, Poesie und Musik geebnet
haben.
Das bedrohliche
anti-jüdische Klima, das in allen arabischen Ländern die Oberhand gewonnen
hatte, wurde von judenfeindlichen Erklärungen begleitet, die sogar vom Podium
der Vereinten Nationen gegeben wurden.
Eliyahu Nawi, ein
Moderator bei Israels arabisch-sprachigem Radiosender, berichtete, dass arabische
Radiosender in Folge des Teilungsplans der UN von 1947 ständig das Lied „Halu
a-Saif Ygul“ („Lass das Schwert sprechen, um die Reihen der Cousins [die
Juden] zu lichten“ ausstrahlte.
Die
Diskriminierung durch die Regierungen und die Angriffe der Bevölkerung haben
die Juden dazu gezwungen, in Massen aus den arabischen Ländern auszuwandern
(größtenteils nach Israel, wo sie die Staatsbürgerschaft erhielten und
erfolgreich in die Gesellschaft integriert wurden). In Ägypten fand eine
Massenvertreibung bei Nacht und Nebel statt; die Juden mussten ihren
persönlichen Besitz und das Gemeindeeigentum zurücklassen – einschließlich
Schulen, alte Synagogen und Friedhöfe, Gräber von Propheten und Krankenhäuser.
Die arabischen Behörden konfiszierten alles und nutzten es für ihren eigenen
Bedarf.
Es gab sicher
Muslime in den arabischen Ländern, die diese Angriffe nicht unterstützten, doch
ihre Stimmen blieben ungehört. Die Juden waren die Sündenböcke bei
wechselseitigen Machtkämpfen zwischen Sunniten und Schiiten, so wie Israel
jetzt das Zentrum des Kampfes zwischen dem schiitischen Iran und der
sunnitischen Staaten mit der Türkei an der Spitze ist.
In den
vergangenen Jahren hat ein Prozess des Erwachens in der arabischen Welt
eingesetzt, besonders unter Intellektuellen, die erkennen, dass nicht nur die
Palästinenser eine „Nakba“ erlebt haben; die Juden der arabischen Welt hatten
ihre eigene Katastrophe.
Arabische
Politiker – Palästinenser und andere – würden gut daran tun, den Slogan des
„Rechts auf Rückkehr“ nicht mehr zu verwenden, mit dem sie ihre Völker
täuschen, denn man kann die Zeit nicht zurückdrehen.
Wenn mehr und mehr
Araber anerkennen, dass sie nicht die einzigen Opfer des Nahost-Konflikts sind,
dann kann ein Dialog mit Israel auf einer ernstzunehmenden Basis stattfinden.
Der Autor ist
ein ehemaliger Botschafter und der stellvertretende Vorsitzende des
Außenministeriums.
Die im
Newsletter veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt
der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die
politische Diskussion in Israel.
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