Freiwillige aus Israel werden als offizielle Beobachter die morgigen Wahlen in Nepal unterstützen. Die israelische Nichtregierungsorganisation für soziale Gerechtigkeit ‚Tevel b’Tzedek’ hat ein Team von knapp 30 Wahlhelfern zur Verfügung gestellt. Ihr geschäftsführender Direktor, Rabbi Micha Odenheimer, wurde anlässlich dessen am gestrigen Dienstag gemeinsam mit Israels Botschafter in Kathmandu, Dan Stav, vom nepalesischen Ministerpräsidenten, G.P. Koirala, empfangen.
Die Wahlen werden ein zentraler Test für die Stabilität des Friedensprozesses sein, der einen Bürgerkrieg beendete, der mindestens 13 000 Menschenleben forderte. Die zu wählende Verfassungsgebende Versammlung soll über den zukünftigen politischen Aufbau des Landes und das Schicksal der Monarchie entscheiden.
Das israelische Team hat im Vorfeld eine intensive Schulung absolviert. Weitere Wahlbeobachter werden von der UNO, der EU und dem Carter Center for Peace gestellt.
Israel und Nepal haben 1960 diplomatische Beziehungen aufgenommen. Die Botschaft in Kathmandu wurde ein Jahr darauf eröffnet.
(Außenministerium des Staates Israel, 08.04.08) |
Von Alexander Jacobson
„Was war ihr Eindruck von Israel“ wurde die französische Staatssekretärin für Stadtentwicklung, Fadela Amara, in einem Interview der Haaretz gefragt. Die Tochter berberischer Einwanderer aus Algerien und bekannte Aktivistin für die Rechte von Frauen und Einwanderern und gegen den extremistischen Islam antwortete: „Ich habe mich sehr wohl bei ihnen gefühlt. Ich war keinen besonderen Blicken ausgesetzt, wie Ausländer es oft erleben, ich spürte keinerlei Rassismus, obwohl ich sicher bin, dass er existiert. Es gibt bei ihnen alle Farben, so dass es beinahe selbstverständlich wird, weiß, gelb und braun zu sehen. … Hier in Frankreich ziehe ich Blicke auf mich. In den Augen der Franzosen bin ich nicht sehr französisch. Wie leben hier unter einer dominanten Kultur. Wenn du Francois heißt und blaue Augen hast, ist das eine Sache. Aber wenn du Fatima heißt und ein wenig Farbe hast, ist der Blick unterschiedlich. In Israel habe ich dies wegen der Vielfalt nicht gespürt.“
Nach einer solch schmeichelnden Darstellung der israelischen Gesellschaft muss freilich ein „aber“ kommen. Immer gibt es ein „aber“ – ganz bestimmt, wenn von einer Gesellschaft die Rede ist, die in einen schweren und andauernden nationalen Konflikt verwickelt ist. Der Gast aus Frankreich erfasste jedoch etwas für die israelische Gesellschaft und das zionistische Unternehmen wesentliches: Die reiche ethnische Vielfalt, die der Idee des jüdischen Staates innewohnt. In einem gewissen Sinne ist die jüdische Nationalität schon „ethnisch“, wie man – in tadelndem Ton - zu sagen pflegt: Sie ist nicht identisch mit israelischer Staatsbürgerschaft. In einem Land, in dem es zwei Völker gibt, als die sich die Juden und die Araber betrachten, ist die jeweilige Identität notwendigerweise „ethnisch“, insofern sie nur einen Teil der Bewohner des Landes repräsentiert (anders, als es in Frankreich gesehen wird).
Aber es gibt ein recht bedeutsames Paradox in der Definition des jüdischen Volkes als ethische Einheit. Die zionistische Sichtweise eines Volkes, das alle jüdischen Gemeinschaften auf der Welt einschließt (eine Sichtweise, deren modische Opposition gerade von der Linken kommt), ist sicherlich ein der multiethnischsten und multikulturellsten in der Geschichte. Wer die Juden aus Polen und dem Jemen, aus Deutschland und Marokko als Angehörige eines Volkes betrachtet und auf einer solchen nationalen Basis einen Staat gründet, verfolgt im Wesentlichen eine multiethnische und multikulturelle Unternehmung, ganz gleich ob die Beteiligten in diesen Begriffen denken oder nicht.
 Einwanderer aus Äthiopien
Gerade Herzl war sich dieses Aspekts der von ihm initiierten nationalen Unternehmung sehr bewusst, wenn er die Definition der Juden als Rasse ablehnte und sie als Nation definierte – eine historische Einheit, die sich – wie es bei Nationen üblich ist – aus verschiedenen ethnischen Komponenten zusammensetzt. Die ethnisch-kulturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen, aus denen sich die jüdisch-israelische Gesellschaft zusammengesetzt hat, waren sehr groß. Dennoch teilten diese Gruppen die Überzeugung, dass sie zu einem Volk gehören – ob sie sich nun der modernen zionistischen Version dieser Überzeugung verschrieben, der traditionell jüdischen oder einer Mischung zwischen beiden. Sie hatten somit eine gemeinsame kulturelle Grundlage und Bewusstseinsbasis – das Rezept für erfolgreiche Multikulturalität.
Das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Volk schließt nicht Arroganz und Vorurteile aus. Doch ist dieses Gefühl der primäre Grund dafür, dass der Staat Israel das erfolgreichste Beispiel der Integration von Menschen aus Europa und dem muslimischen Nahen Osten – in einem Verhältnis von grob 50 zu 50 – in der neueren Geschichte überhaupt darstellt.
Aus einem zionistischen Blickwinkel betrachtet, muss dieser Erfolg nicht überraschen; schließlich geht es hier nicht um die Integration von Immigranten aus 70 Ländern, sondern um die Aufnahme von Neueinwanderern aus 70 Diaspora-Gemeinschaften, die von vornherein zu einem Volk gehörten. Gerade wer diese ideologische Sichtweise ablehnt bzw. sich weigert, sie als selbstverständlich hinzunehmen, wer die Ankunft von Juden in Israel als Immigration und nicht als Aliyah [Aufstieg] versteht, muss noch viel mehr von dem Erfolg des israelischen Unternehmens bei der Nationsbildung beeindruckt sein, ungeachtet ihrer bekannten Schwierigkeiten. Die Integration von Menschen aus Europa und Menschen aus dem Nahens Osten in einem solchen Ausmaße ist – was auch immer für ideologische Definitionen verwendet werden – eine äußerst bemerkenswerte Leistung in der heutigen Welt.

Es waren die Früchte dieser Leistung – eine Gesellschaft, in der die Leute ethnische Unterschiede für selbstverständlicher nehmen als in den meisten Gesellschaften, die sich mit ihrer Offenheit und der Akzeptanz des Anderen brüsten –, die Fadela Amara in Israel spürte. Man kann annehmen, dass viele von denen, die sie hier sah, ihrer Herkunft nach keine Juden sind, sondern nahe oder ferne Familienangehörige von Juden, die ins Land gekommen und nach dem Rückkehrgesetz eingebürgert worden sind und dadurch zu einem Teil der hebräischsprachigen israelisch-jüdischen Gesellschaft wurden. Auch sie sind heute Teil des israelischen Mosaiks, das den Gast aus Frankreich beeindruckte. Die Tatsache, dass das israelische Auge an verschiedene Hautfarben und Gesichter gewohnt ist und das israelische Ohr an verschiedene Akzente, kommt auch ihnen zu gute. Wenn der Gast sich mit Nationalismusexperten besprach, haben diese ihr sicher gesagt, dass die Juden ein Volk sind, dem man sich nur auf dem Wege einer religiösen Zeremonie anschließen kann. Die israelische Wirklichkeit erzählt eine andere Geschichte.
(Haaretz, 09.04.08) |