Von Avichai Mandelblit
Der Militärjustiziar ist, wie jeder Rechtsberater, dazu verpflichtet, der Körperschaft, die er berät, die Gesamtheit der rechtlichen Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, mittels derer sie ihre Ziele verwirklichen kann, bei pedantischer Einhaltung der Grenzen des Gesetzes. Wie jeder Militärmann hat er seine Aufgabe seinen professionellen Kompetenzen gemäß zu erfüllen, wobei er den Werten des „Geistes von ZAHAL“ zutiefst verpflichtet ist – der Würde des Menschen, dem ethisch vertretbaren Einsatz von Waffen, der Vertrauenswürdigkeit usw. In den Israelischen Verteidigungsstreitkräften (ZAHAL) ergänzen diese Verpflichtungen einander, sie schließen einander nicht aus.
Während der Operation ‚Gegossenes Blei’ haben die Rechtsberater der Armee, unter der Leitung von mir und der Abteilung für internationales Recht, die Kampfhandlungen von den Entscheidungszentren des Generalstabs, des Südkommandos und der Division aus begleitet. Die Entscheidung zur juristischen Begleitung der Kampfhandlungen versteht sich nicht von selbst. Sie spiegelt die Anerkennung der Bedeutung von Recht und Gesetz im militärischen Entscheidungsfindungsprozess von Seiten der Kommandanten wider und das Grundprinzip der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, dass im Rahmen des Gesetzes gekämpft und nicht außerhalb von dessen Grenzen gekämpft werden muss. Sie spiegelt das professionelle Verständnis wider, dass die Kommandanten auf erreichbare und ausgebildete Juristen angewiesen sind, die auf die Grenzen des Verbotenen und gewiss auch des Erlaubten hinweisen.
Rechtsberatung in Bezug auf operationelle Entscheidungen ist nichts Theoretisches und nichts Akademisches. Ihre Resultate kommen in konkreten weit reichenden Entscheidungen der Kommandanten zum Ausdruck. Es gibt hier keinen Raum für den vernebelten und unverbindlichen Stil, der häufig das akademische Denken und Schreiben charakterisiert. Ähnlich wie die Kommandanten müssen auch die militärischen Rechtsberater klare Positionen und Gutachten in der ‚Stunde der Wahrheit’ entwickeln, im Nebel des Gefechts, unter Bedingungen, die jene rechtlichen Dilemmata zuspitzen, welche die moderne Kriegsführung kennzeichnen, bis zum Extrem. Nur wer die Dinge mit eigenen Augen gesehen hat, kann die Komplexität und die Schwierigkeit einschätzen, die Qualität der Rechtsberatung und das Ausmaß von deren Einfluss auf die Entscheidungsträger.
Operationelle Rechtsberatung ist immer eine herausfordernde Angelegenheit, und im Feldzug gegen den Terror ist sie siebenmal so schwer. Nicht von ungefähr hören wir nichts von Experten des „internationalen Rechts“ des Feindes. In seinen Augen ist die Verpflichtung Israels gegenüber dem Kriegsrecht eine Schwäche, ein wunder Punkt, den es auszunutzen gilt. Wir haben es mit jemandem zu tun, der vorsätzlich in ziviler Kleidung und aus einer zivilen Umgebung heraus kämpft; der Zivilisten als ‚menschliche Schutzschilde’ missbraucht; der gezielt israelische Bürger angreift. Ein zügelloser Feind, der sich zum „Todesliebenden“ erklärt und hinter Frauen und Kindern in Deckung geht.
Der Präsident des Obersten Gerichtshofs a. D., Prof. Aharon Barak, hat geschrieben, dass es zweifelhaft sei, ob das internationale Recht eines solch monströsen Feindes würdig ist, aber dennoch – auch der Kampf gegen ihn wird innerhalb der Richtlinien des Rechts geführt. Der Kampf gegen einen solchen Feind ist eine schwere Herausforderung, wird jedoch niemals dazu führen, dass die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte ihre Verpflichtung aufgeben, innerhalb des Rahmens des sie bindenden Gesetzes zu handeln. Die Verpflichtung der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte gegenüber dem Recht ist Teil ihrer moralisch-nationalen Identität, und demgemäß haben wir auch im Gaza-Streifen agiert.
Die Kommandanten der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte haben während der Kämpfe Schulter an Schulter mit der militärischen Rechtsabteilung über schweren, furchtbar schweren Fragen gegrübelt. Wie sind die Prinzipien der Differenzierung und der Verhältnismäßigkeit umzusetzen; wie schafft man operationelle Mechanismen (wie die Warnung an die Zivilbevölkerung, sich aus Kampfzonen zu entfernen), die die Verletzung des Feindes ermöglichen und gleichzeitig die Verletzung der Zivilbevölkerung minimieren.
Manchmal ist es schwer, die Tatsache zu verdauen, dass das Kriegsrecht ein Gesetz ist, das darauf abzielt, Tötung und Zerstörung als Teil der Kriegsrealität zu regeln und zu minimieren, aber nicht zu verhindern. Die Juristen der Armee-Rechtsabteilung sind – gemäß Befehl und mit voller Rückendeckung durch die militärische Spitze und mich - im Einsatz, um den Israelischen Verteidigungsstreitkräften dabei zu helfen, innerhalb der Grenzen dieser Autorität zu kämpfen, gegen einen Feind, der keine Grenzen kennt.
Werden auf dem Schlachtfeld Fehler gemacht? Zweifellos, dies passiert in jedem Kampf (Fehler im Laufe der Operation ‚Gegossenes Blei’ haben der israelischen Armee einen hohen Blutzoll auferlegt). Hat die Rechtsabteilung der Armee dazu beigetragen, dass sich die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte die rechtlichen Normen verinnerlichen, denen sie verpflichtet ist? In meinen Augen besteht kein Zweifel daran, dass auch die Antwort darauf positiv ist.
Brigadegeneral Avichai Mandelblit ist der erste Justiziar der israelischen Armee.
(Haaretz, 29.01.09)
Die im Newsletter veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder. |
Das Ende von Israels Operation im Gaza-Streifen hat nicht das Ende des Terrors bedeutet. Raketen, Mörsergranaten und Bomben werden noch immer auf israelische Ziele gerichtet, und noch immer werden Israelis getötet und verletzt. Die Raketen und Mörsergranaten werden zynisch auf Ziele gerichtet, die die Zahl ziviler Opfer in die Höhe treiben, so wie die Rakete, die am Sonntagmorgen neben einem Kindergarten landete. Gleichzeitig unternimmt die Hamas mit iranischer Unterstützung alle Anstrengungen, um ihre Terror-Ressourcen wiederherzustellen, anstatt den Gaza-Streifen wiederaufzubauen und sich um die Bevölkerung zu kümmern.
Israel kann nicht zulassen, dass die Situation wieder so wird, wie sie vor der Operation gewesen ist. Die Situation war damals unerträglich und ist auch jetzt inakzeptabel: Unschuldige israelische Zivilisten wurden getötet, mehr als eine Million Bürger befinden sich in Reichweite der Raketen, das alltägliche Leben ist unterbrochen worden, die südisraelische Wirtschaft ist gelähmt, an Leben und Eigentum ist schwerer Schaden entstanden. Der Hamas darf nicht gestattet werden, sich wiederzubewaffnen und die Zusammensetzung und Reichweite ihres Raketenarsenals zu erweitern, um hunderttausende zusätzlicher israelischer Zivilsten in Gefahr zu bringen.
Die Absicht von Israels Reaktion besteht darin, der Hamas klarzumachen, dass es eine Fortsetzung der Angriffe nicht zulassen kann. Die Hamas beherrscht den Gaza-Streifen und ist verantwortlich für alle Angriffe, die aus ihm hervorgehen. Jeder Staat würde unter solchen Umstände so reagieren, wie Israel es getan hat. Die Verhinderung weiterer Terroraktivität und vom Iran unterstützter Wiederbewaffnung liegt sowohl in regionalem als auch internationalem Interesse. Daher arbeiten die USA, führende europäische Staaten, Ägypten und die gemäßigten arabischen Staaten mit Israel in dieser Angelegenheit zusammen.
Leider ist Israel in verschiedenen Teilen der Welt Heuchelei und Doppelmoral ausgesetzt. Während der vergangenen acht Jahre hat Israel niemanden von denen gesehen, die es jetzt für das Vorgehen gegen die Hamas tadeln. Während jener Zeit hat die Hamas unablässig israelische Zivilisten angegriffen und mit iranischer Hilfe eine Terrorarmee aufgebaut.
Israel gestattet die Einfuhr aller grundlegenden humanitären Bedürfnisse in den Gaza-Streifen. Im Rahmen dessen liefern täglich 200 Lastwagen Tausende von Tonnen Hilfsgüter und Equipment nach Gaza. Aber Israel ist in der gegenwärtigen Situation nicht in der Lage, den Transfer von Material zu erlauben, der der Hamas den Wiederaufbau ihrer Bunker, Schmuggeltunnel und Raketen erlaubt. Dies ist auch das Interesse der internationalen Gemeinschaft. Gleichzeitig wird Israel die Kooperation mit den internationalen Hilfsorganisationen bei ihren Lieferungen an die Zivilbevölkerung in Gaza fortsetzen.
Israel ist sich bewusst, dass die Hamas mit Erfolg versucht hat, Hilfstransporte unter ihre Kontrolle zu bringen. Über mehrere solcher Vorfälle ist berichtet worden.
Das iranische Schiff, das in Zypern gestoppt wurde, hat eine große Menge an Munition für Elemente transportiert, die gegen Israel operieren. Der Iran ist ein Terrorstaat, der den Terrorismus unterstützt, und Israel wird daher zu seinem eigenen Schutz handeln.
Die Behauptung, Israel habe Kriegsverbrechen begangen, ist ein zynischer und politisch motivierter Missbrauch des internationalen Rechts. Die Hamas verübt Terroranschläge gegen israelische Zivilisten und benutzt palästinensische Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Die Verletzung unbeteiligter Dritter ist ein Ergebnis der Politik der Hamas.
Voraussetzung für einen Dialog mit der Hamas ist die Annahme der Bedingungen des Nahost-Quartetts: die völlige Einstellung des Terrors und die Anerkennung Israels sowie aller zwischen ihm und den Palästinensern geschlossenen Abkommen.
Israel versucht über mehrere Kanäle, die Frage Gilad Shalits voranzutreiben. Israel geht davon aus, dass die Militäroperation die Bedingungen dafür geschaffen hat, und arbeitet kontinuierlich daran.
(Außenministerium des Staates Israel, 01.02.09) |